Veteranenkultur im deutsch-amerikanischen Vergleich


Dieser Vorschlag sorgte bereits für reichlich Wirbel: Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister der Verteidigung, möchte die gesellschaftliche Wertschätzung gegenüber der Leistung deutscher Soldaten verbessern und regt an, einen Veteranentag nach US-amerikanischem Vorbild einzuführen.
„Eine Veteranenkultur kann man nicht verordnen“, sagte de Maiziere am 5. Oktober in Dresden. Bei der Diskussionsveranstaltung der Initiative junger Transatlantiker (IjT) versprach der Verteidigungsminister: „Ich werde mich für eine höhere Wertschätzung der Soldatinnen und Soldaten einsetzen“. Die ursprüngliche Frage der Veranstaltung in der Sächsischen Staats- und Universitätsbibliothek, „Braucht Deutschland einen Veteranentag?“, nutzte der Minister als Sprungbrett für eine breitere Diskussion: „Die Frage nach dem Veteranentag stellt sich erst am Ende des Prozesses“. Zunächst müsse die Wertschätzung der Bundeswehr in der Gesellschaft gesteigert werden. „Eine Gesellschaft braucht Symbole, Namen, Begriffe, Handlungen, um sich an etwas zu erinnern, etwas wertzuschätzen.“
Eine Studie der Bundeswehr habe ermittelt, dass mit dem Begriff „Veteran“ vor allem drei Wörter assoziiert werden: „Alt, ehemalig und Krieg“. Kapitänleutnant Andrea Schulze, die die Perspektive einer deutschen Soldatin in die Diskussion einbrachte, begann ihr Eingangsstatement damit, diese drei Kriterien für sich abzuklopfen: „Ich bin nicht alt, ich stehe immer noch im Dienste der Bundeswehr, aber ich war schon zweimal im Auslandseinsatz. Bin ich Veteran?“ Immer wieder werde Schulze in eine Ecke gedrängt und gefragt: „Warum bist Du Soldatin geworden?“ Besonderen Eindruck habe eine Erfahrung in einem 5-Sterne-Hotel in Köln gemacht: Hier checkte sie mit ihrem Freund nach dem Ende ihres jüngsten Auslandseinsatzes ein – und spürte als Uniformierte inmitten von Zivilisten blanke Ablehnung. „Eine stärkere gesellschaftliche Anerkennung wünsche ich mir“, sagte die Soldatin, die ihre Solidarität mit ihren Kameraden schon optisch durch eine gelbe Schleife sichtbar machte.
Bessere Erfahrungen hat Master Sargent Robert Hall gemacht: Der Soldat der US-Army, der unter anderem in Haiti, im Kosovo und in Afghanistan gedient hat, erfährt in den Vereinigten Staaten große Anerkennung. Sobald er in den USA ankommt, hört er allerorten ein herzliches „Welcome back!“, so Hall. An der Tankstelle übernehmen Wildfremde seine Rechnung, im Restaurant wird der Uniformierte oft auf einen Hamburger eingeladen.
Deutschland könne viel von den USA lernen in Bezug auf die Veteranenkultur, findet Hall, aber „das kann nur in der Gesellschaft, im Volk passieren“.
Das war auch Konsens während der Diskussion unter den rund 80 Gästen, die der Einladung der Initiative junger Transatlantiker gefolgt waren. Die Diskussion eröffnete die US-Konsulin für Politik und Wirtschaft des Generalkonsulates Leipzig, Dr. Helena Schrader.
Die Diskussionsbeiträge der anwesenden Studenten waren grundsätzlich: „Ist die Welt friedlicher durch Auslandseinsätze der Bundeswehr?“ Nach Ansicht des Bundesministers sind solche kritischen Bemerkungen wichtig, gehen jedoch am Anliegen der Wertschätzung der Veteranen vorbei: „Man muss unterscheiden, ob man mich kritisiert, oder die Mehrheit des Parlaments, oder die Soldaten, die für Deutschland da sind.“ Letztere hätten die Solidarität aller verdient.
Eine Möglichkeit, diese zu demonstrieren, sieht de Maizière in einem Staatsakt für Veteranen im Rahmen des Tags der deutschen Einheit am 3. Oktober. „In Frankreich gibt es keinen Veteranentag, aber einen besonderen Schwerpunkt bei Veteranen an ihrem Nationalfeiertag“, so der Minister. „Das gefällt mir ziemlich gut.“
Im Rahmen der Diskussion, die IjT-Mitglied Christian Eichardt moderierte, kamen auch die Begrifflichkeit „Veteranentag“ und die widersprüchlichen Rollenanforderungen an die Soldatinnen uns Soldaten zur Sprache. Eichardt fasste zusammen: „Sie sollen zugleich Kämpfer und Helfer sein.“
Wie man die Bewältigung dieser schweren Aufgabe besser würdigen kann, dazu will de Maizière demnächst Vorschläge machen – vor dem Verteidigungsausschuss des deutschen Bundestages.
Fotos von der Veranstaltung:
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What can Germany learn from America’s way to honour its veterans? This question was discussed on October 5 at the Saxon State and University Library Dresden. The Initiative of Young Trans-Atlantics (IYT) had invited Dr. Thomas de Maizière, Minister of Defense, as well as a member of the US Army and a Bundeswehr soldier to approach the subject from different angles. About 80 students and citizens of Dresden took part in the event.
De Maizière presented plans to increase the appreciation of the German society to its veterans. He even thinks of inventing a Veterans Day – but in his eyes, that could only be the last step on an enduring process of building a “veterans culture”. German lieutenant commander Andrea Schulze said, she would highly appreciate a broader acceptance of her work by her fellow citizens. Master Sargent Robert Hall (US Army) gave examples of his experiences in the States, where he was always welcomed warmly when returning after assignments abroad.
The open discussion – moderated by IYT member Christian Eichardt – was broad and dynamic. One result: A change in Germany veterans culture can only be driven by the society. It is not possible to command it, Minister de Maizière summarized.