„Was ist die Essenz der deutsch-amerikanischen Freundschaft? Diese Freundschaft hängt weder von persönlichen Beziehungen zweier Regierungen ab, noch vom guten Ton auf Sicherheitskonferenzen oder unterschiedlichen Auffassungen zur Gesundheitspolitik. Der Kern dieser Freundschaft ist die Summe aus Einstellungen, Erfahrungen, und kulturell-historischen Gemeinsamkeiten der Völker auf beiden Seiten des Atlantiks. Diese gesellschaftliche Verständigung ist der eigentliche Kern der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Wenn die Auswirkungen von Geheimdiensttätigkeit, in einer Demokratie ergo Regierungstätigkeit, jedoch solch massive Auswirkungen auf das gesellschaftliche Klima hat, liegt es an der transatlantischen Community, sich am vehementesten um Aufklärung zu bemühen. Freundschaft verbietet keine Kritik, sondern sie ermöglicht sie erst. Vom Marshall-Plan bis zu John F. Kennedys Rede in West-Berlin, vom Schutz durch die NATO im Kalten Krieg bis zum Einsatz von George W. Bush Sr. für die Deutsche Wiedervereinigung hat das transatlantische Bündnis sich von einer Zweckgemeinschaft zu einer natürlichen Partnerschaft entwickelt. Transatlantikern kommt deshalb in diesem Moment nicht die Aufgabe zu, die vorliegende Problematik im Kontext möglichst klein zu halten, sondern als treibende Kraft auf die Agenda des gemeinsamen Dialogs zu setzen. Der status quo ist untragbar und kann auch nicht mit dem Hinweis auf “gemeinsame Werte” abgetan werden. Freiheit, Sicherheit, Demokratie – Deutsche und Amerikaner teilen diese Werte, doch definieren sie diese teils gravierend unterschiedlich. Werte sind nicht nur Selbstzweck, sondern müssen auch in gegenseitigem Respekt zum Ausdruck kommen. Diese Unterschiede müssen jetzt in einen Dialog münden, der nicht mit dem nächsten medialen Aufreger verschwunden sein darf. Vertrauen kann nicht durch Schweigen wiederhergestellt werden, sondern durch eine multilaterale Verständigung auf Standards, die beide Seiten des Atlantiks zufriedenstellen. Europa braucht Amerika und Amerika braucht Europa – Schweigen und Aussitzen hilft keinem.“