Von Inger-Luise Heilmann, Viola Meyerweissflog und Mirko Vossen
Der folgende Text gibt die persönliche Meinung der Autoren wider.
Mit der Wahl von Donald J. Trump zum 45. US-Präsidenten gingen weitreichende Veränderungen in der amerikanischen Politik einher. Die Neuausrichtung von Außen- und Innenpolitik der Vereinigten Staaten betrifft auch uns auf dieser Seite des Atlantiks. In der deutschen Öffentlichkeit ist im Herbst 2017 eine Debatte über die transatlantische Partnerschaft und deren Zukunft entbrannt. Seit Wochen bringen sich Vertreter von Think Tanks, politischen Stiftungen und transatlantischen Organisationen in die sogenannte „Manifesto“-Debatte[1] ein. Anstoß gab der Text von Jan Techau, sowie der leider viel zu früh verstorbenen Sylke Tempel und weiteren hochgeschätzten Verfassern mit dem Titel „Trotz alledem: Amerika“. Seitdem wird diskutiert: Sind die USA unter Trump noch ein verlässlicher Partner? Wie sähen die Alternativen aus? Was werden auch in unruhigen Zeiten die europäisch-amerikanischen Konstanten bleiben?
Als Verein junger Menschen mit den unterschiedlichsten politischen und professionellen Hintergründen möchte sich die Initiative junger Transatlantiker für eine Perspektive stark machen, die in der Debatte bis jetzt noch zu wenig vertreten war: Die der Jugend auf beiden Seiten des Atlantiks. Dass dieser Blickwinkel bisher zu wenig abgebildet wurde, liegt vor allem an uns jungen Leuten selbst. Zu oft bleiben wir stumm, wenn es um (außen-)politische Veränderungen geht, die unser Land und dessen Bürgerinnen und Bürgern betreffen. Zu oft schauen wir weg und überlassen die Debatte anderen.
Wir müssen allerdings aufhorchen und hinschauen, wenn große Teile der jüngeren Generationen in Deutschland anscheinend ihr Interesse an den transatlantischen Beziehungen verlieren. In den USA wird immer weniger ein gleichgesinnter Partner gesehen – stattdessen werden das Land und dessen Leute allzu häufig, auch von jungen Menschen, auf die Politik des amerikanischen Präsidenten reduziert. Das Engagement wird unverbindlicher und es ist schwerer, junge Leute für die gemeinsame Sache zu mobilisieren.
Das wollen wir ändern! Schließlich geht es um unsere gemeinsame Zukunft und auch wir möchten die Zukunft der transatlantischen Beziehungen mitgestalten. Genau deswegen setzen wir uns weiterhin für eine stabile und gesunde transatlantische Freundschaft ein – trotz der vielen Fragezeichen, trotz der Zweifel und den Unkenrufen.
Aktuelle Herausforderungen in den transatlantischen Beziehungen
Die transatlantischen Beziehungen sind neben den offiziellen zwischenstaatlichen Beziehungen zu einem großen Teil das, was wir als Zivilgesellschaft auf politischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene daraus machen. Es sind jene Impulse und Bindungen, die Präsidenten sowie Kanzlerinnen und Kanzler überdauern. Unsere US-amerikanischen Kontakte und Freunde bleiben für uns zuverlässige Partner. Wir können und dürfen daher nicht ein ganzes Land aufgeben. Lasst uns keine Brücken einreißen, sondern weitere über den Atlantik bauen.
Die eng verwobene Geschichte unserer Länder ist uns immer dabei bewusst. Als junge Generation richten wir den Blick dennoch stärker auf Gegenwart und Zukunft. Aktuell stehen die transatlantischen Beziehungen vor großen Herausforderungen. Unter anderem steht uns die außenpolitische Neuausrichtung der Trump-Administration gegenüber, welche eine Abkehr vom Multilateralismus in Richtung transactional realism bedeutet. Dazu kommen protektionistische Drohungen in der Handelspolitik und die Infragestellung der WTO-Regeln in einer globalisierten Welt, auf die Deutschland als eine der größten Exportnationen angewiesen ist. Selbst der amerikanische innenpolitische Diskurs erlebt eine in unserer Generation noch nie dagewesene Polarisierung und Verrohung, von der am meisten diejenigen profitieren, die mit populistischen Parolen um Anhänger buhlen. Diese Veränderungen auf Seiten unseres Partnerlandes – die zunehmend auch bei uns beobachtbar sind – machen den Einsatz für gemeinsame Werte und die Vermittlung gemeinsamer Positionen nicht einfacher.
Die Manifesto-Debatte ist daher unabdingbar. Sie hilft uns, eigene Standpunkte konkreter zu formulieren und zu vertreten. Auch hat sie bereits Anlass zu der ein oder anderen interessanten Diskussion innerhalb unserer Initiative gegeben. Die Debatte war reich an Denkanstößen und Impulsen. Zwei wichtige Punkte wollen wir aus unserer Sicht hervorheben:
Wir sehen die Infragestellung fundamentaler Werte unserer freiheitlichen Weltordnung, pluralistischen Gesellschaften und offenen Märkten als Bedrohung an. Wie im Manifest „Trotz alledem: Amerika“ erläutert wird, steht Trump für eine „machtbasierte nationale Interessenpolitik“[2] und ist skeptisch gegenüber multilateralen Institutionen und sicherheitspolitischen Verpflichtungen. Als junge Transatlantiker, aber auch deutsche Bürger, hängt unsere Zukunft von der liberalen Weltordnung ab: Kaum ein Land ist so eng wirtschaftlich, kulturell und politisch international verwoben wie Deutschland. Unser Land profitiert in besonderem Maße von der Globalisierung und einer regelbasierten internationalen Ordnung. Zuletzt hat der geschäftsführende Außenminister Sigmar Gabriel beim Berlin Policy Forum der Körber Stiftung bekräftigt: „Der derzeitige Rückzug der USA unter Trump aus der Rolle des verlässlichen Garanten des westlich geprägten Multilateralismus beschleunigt die Veränderung der globalen Ordnung“[3]. Als junge Transatlantiker sollten wir uns daher dafür einsetzen, dass diese Ordnung keinen Schaden nimmt. Um unsere Werte langfristig zu erhalten und nachhaltig zu gestalten, sollten gerade wir jungen Leute uns für die transatlantischen Beziehungen engagieren.
Auch glauben wir nicht, „dass es sich beim Phänomen Trump um eine vorübergehende Abirrung handelt“[4]. Mit welchen Wählerstimmen er die Wahl für sich entscheiden konnte und welch globalisierungskritische und anti-pluralistische Strömungen sich in der Gesellschaft verbreiten, sind für uns einer der Gründe, warum es sich gerade jetzt lohnt, in den Austausch zu treten und für Verständnis anderer Standpunkte zu werben. Da es sich nicht um eine kurze Episode handeln wird, sondern disruptive Elemente die Politik langfristig verändern werden, sollte die Jugend nicht die Augen vor den neuen Herausforderungen verschließen, sondern Diskurse kritisch, aber konstruktiv, hinterfragen.
Junges Engagement wird wichtiger
Wenn die angesprochenen Punkte diskutiert werden, melden sich meist dieselben Stimmen der transatlantischen Community zu Wort. Es ist selbstverständlich, dass erfahrene Politiker, Unternehmer, Wissenschaftler und Journalisten ihre Meinungen zu den Diskussionen beitragen. Als junge Transatlantiker hören wir ihnen interessiert zu, sehen in ihnen Vorbilder und können eine Menge von ihnen lernen. Wir verdanken ihnen die Schaffung von transatlantischen Organisationen, Austauschprogrammen und vielfältige Formen der Unterstützung.
Dennoch, ein Diskurs lebt von der Diversität seiner Standpunkte und Teilnehmer. In erster Linie sind deshalb wir selbst gefragt. Als nachfolgende Generation werden wir in den nächsten Jahrzehnten selbst dazu beitragen, wohin die transatlantische Partnerschaft führt. Dementsprechend sollten wir aufmerksam zuhören, aber auch selbstbewusst mitreden. Im Sinne einer selbstbewussten Beteiligung würden wir uns über mehr junge Beiträge zur aktuellen Debatte freuen!
Unsere Generation ist wie keine zweite mit modernen Technologien, sozialen Medien, internationalen Studiengängen und Praktika aufgewachsen. Wir sind bestens vernetzt und es fällt uns leicht, globale Freundschaften zu pflegen. Wenn wir uns einbringen, zeigen wir auch anderen jungen Menschen, dass es Sinn macht, den Austausch über den Atlantik hinweg zu pflegen. Wir können als Multiplikatoren für bessere Beziehungen wirken. Das Engagement sollte möglichst inklusiv sein: Die Initiative junger Transatlantiker beispielsweise ist als überparteilicher Verein offen für Schüler, Studierende, Auszubildende, Young Professionals und Doktoranden.
Unser Appell lautet daher: Engagiert euch transatlantisch – trotz alledem! Amerika bleibt für uns auch in Zukunft unverzichtbar. Wie in der Manifesto-Debatte unterstrichen wurde, darf es kein „weiter so“ geben. Lest die Texte der Debatte, formt euren Standpunkt, tretet in Austausch, lernt andere junge Menschen kennen und sammelt transatlantische Erfahrungen! In der Tradition der doppelten Westbindung steht dies für uns nicht im Widerspruch zu einem starken und friedlichen Europa, das ebenfalls vom Engagement der jüngeren Generation profitiert. Gemeinsam sollten wir uns für die liberale regelbasierte Ordnung, pluralistische Gesellschaften und ein verständnisvolles Miteinander – auf beiden Seiten des Atlantiks – einsetzen.
[1] Alle Artikel zum Nachlesen hier: http://trotzdem-amerika.de/diskussion/#text
[2] http://www.zeit.de/2017/42/transatlantische-partnerschaft-strategie-usa-deutschland-europa
[3] https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/berliner-forum-aussenpolitik/746464
[4] http://www.zeit.de/2017/43/aussenpolitik-deutschland-usa-transatlantische-beziehungen-werte/komplettansicht