Presseschau – Obama in Berlin

Der Besuch von Präsident Obama wurde national und international von einem großen medialen Interesse begleitet. Besonders die Rede am Brandenburger Tor wurde und wird vielfach kommentiert. Hier haben wir einige interessante Beiträge zusammengestellt.

  •  Thomas Schmid konstatiert bei Welt Online, dass „das transatlantische Band… schwächer geworden“, „das moralische und emotionale Kapital des Kalten Krieges aufgebraucht“ sei. „Amerika [ist uns] fremder geworden, und es hilft wenig, die große Bindungszeit des Kalten Krieges zu beschwören. Umgekehrt ist aber auch Europa den Amerikanern fremder geworden. Was wir selbst nicht wissen und verstehen – wie sollen es die Amerikaner wissen und verstehen?“ Der Außenpolitikchef der Welt, Clemens Wergin, fokussiert seinen Kommentar auf die Forderungen an Deutschland. Obama sage dem Land: „Die Arbeit ist nicht getan damit, dass ihr glücklich wiedervereinigt seid und nicht mehr an der Frontlinie des Kalten Krieges steht. Seid nicht so egoistisch und selbstgenügsam. Seht nicht nur auf Euch selbst und nach Innen, sondern schaut dort draußen in der Welt, wie ihr mithelfen könnt Ordnung, Frieden und Stabilität zu schaffen.“
  • Roland Nelles kritisiert bei Spiegel Online zwar einzelne Punkte der realpolitischen Arbeit des Präsidenten, stellt aber klar: „Es ist der Ton, der den Unterschied macht.“ Die transatlantischen Beziehungen sieht er nicht in Gefahr: „Noch nie gab es nach dem Krieg mehr Austausch zwischen den beiden Ländern als heute. Deutsche Firmen verdienen in den USA Milliarden, jährlich kommen Zehntausende Amerikaner als Touristen nach Deutschland…“
  • Klaus-Dieter Frankenberger zieht bei der FAZ das Fazit, dass die Deutschen Obama zumindest nicht verstoßen hätten. In einem ausführlicheren Kommentar wendet er sich zwar gegen die Vergangenheitsfixierung in den deutsch-amerikanischen Beziehungen; „[a]ber manchmal erkennt man, wenn man nur will, in der Vergangenheit Wegmarken für eine gedeihliche gemeinsame Zukunft“. Sein Kollege Edo Reents kritisiert die journalistische Arbeit während des Besuches, die zwischen Nebensächlichkeiten und Inhalten nicht mehr unterscheiden könne: „Das Problem sind nicht die Informationen als solche, sondern, dass sie zu den politischen Nachrichten, die es ja auch gibt, in kein Verhältnis mehr gesetzt und nicht mehr hierarchisiert werden.“
  • Entsprechend dem Titel der heutigen Ausgabe hebt Ines Pohl bei der taz das Bekenntnis des Präsidenten zur Abrüstung hervor. Dass er es in Deutschland geäußert habe, deute dabei auch auf eine neue Art amerikanischer Außenpolitik hin: „Obama hat damit indirekt mitgeteilt, dass er nicht mehr der Präsident ist, der anderen sagen will, was sie zu tun haben. Dass er ein Präsident ist, der Partner braucht für seine Vorhaben.“ Der „Kern der Rede“ sei jedoch ein anderer gewesen: Die geplante Schließung von Guantánamo.
  • Bill Kristol begrüßt im Blog des Weekly Standard zwar die Würdigung des Aufstandes am 17. Juni 1953 durch den Präsidenten. Die Lektion sei jedoch eine völlig andere: „..their uprising failed. It failed because it was repressed by superior power—by armed force, by military might…So it’s not enough for citizens to „choose“ freedom or justice. Freedom needs to be backed by strength. Otherwise it loses. Otherwise we see what Leo Strauss called ‚the sorry spectacle of justice without a sword or of justice unable to use the sword.'“
  • Bret Stephens, Kolumnist und Träger des Pulitzer-Preises 2013, diagnostiziert beim Wall Street Journal eine falsche Vorstellung beim Präsidenten, die der „Fantasie“ nuklearer Abrüstung zugrundeliege: Die Welt sei nicht mehr bipolar; Akteure wie China müssten in sämtlichen Plänen berücksichtigt werden.
  • Alison Smale betont bei der New York Times das offensichtlich gute Verhältnis zwischen Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Obama. In einem weiteren Artikel befragt sie verschiedene Persönlichkeiten zum Besuch, unter anderem Daniel Hamilton vom Center for trans-Atlantic Relations an der Johns-Hopkins-Universität: „…Americans and Europeans tended these days to roll their eyes at each other and lament the paralysis of the other side. Dr. Hamilton, who has spent the past seven weeks in Europe, echoed other commentators in noting that the agreement to open talks on a far-reaching trade deal — one that would create a huge market operating on the same rules — represents the best way for Americans and Europeans to put their closeness on a new footing.“
  • 20.06.2013
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