Drei Thesen warum eine persönliche Vernehmung in Deutschland ausgeschlossen ist:
- Eine Befragung von Edward Snowden durch persönliches Erscheinen vor dem Untersuchungsausschuss ist die problematischste Form der Zeugenvernehmung. Zwar kann ein Aufenthaltsrecht in Deutschland mit einer Zeugenladung des Untersuchungsausschusses verbunden werden, jedoch würden internationale Auslieferungsvereinbarungen mit den USA die Bundesrepublik zur Haftüberstellung von Edward Snowden verpflichten. Eine politische Verfolgung, die die Bundesregierung zur Nichtauslieferung verpflichten würde, liegt nicht vor, da die von Snowden begangenen Handlungen nach US-Recht den Tatbestand der Spionage und nach deutschem Recht des Landesverrats erfüllen. Einschlägige Fälle von Landesverrat führten in Deutschland zu hohen Haftstrafen. Insbesondere wurde im Juli 2013 ein in Deutschland seit Jahrzehnten lebendes russischstämmiges Ehepaar wegen inländischer Spionagetätigkeit zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Im Jahr 1994 verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf den deutschen Bürger Rainer Rupp wegen schweren Landesverrats zu zwölf Jahren Haft. Hintergrund war eine zwölfjährige Agententätigkeit für die DDR-Auslandsspionage. Ein aus Gewissensgründen begangener Geheimnis- oder Landesverrat schützt einen Täter daher nicht vor rechtlichen Konsequenzen.
- Alternative Formen der Befragung erweisen sich als praktikabler. Das Entsenden von Ausschussmitgliedern oder Ermittlungsbeauftragten in die Russische Föderation oder eine Befragung durch Mitarbeiter der deutschen Auslandsvertretung eignen sich ebenso zur Aufklärung. Alternativ könnte eine Befragung durch die Ausschussmitglieder mittels Übertragungstechnik oder in schriftlicher Form stattfinden. Insbesondere beantwortete Edward Snowden per Videoübertragung am 08.04.2014 dem Europarat Fragen. Ebenso bot das Europäische Parlament Edward Snowden eine Befragung durch Videoübertragung an, was dieser jedoch ablehnte und dagegen einen Fragenkatalog schriftlich beantwortete. Die aufgezeigten Methoden ermöglichen im Untersuchungsverfahren einen schonenderen Interessensausgleich zwischen dem Erkenntnisinteresse des Ausschusses nach umfassender Aufklärung, dem Einhalten internationaler Abkommen durch die Bundesrepublik Deutschland sowie der Wahrung des an Bedingungen geknüpften Aufenthaltsrechts von Edward Snowden in der Russischen Föderation.
- Aufgrund des fraglichen Erkenntniswerts einer Snowden-Aussage kann auf eine Befragung auch verzichtet werden. Sollten die Ausschussmitglieder Snowden persönlich nach Berlin einladen, muss mit einem Höchstmaß an Skepsis hinterfragt werden, ob der Zeuge Snowden neue Erkenntnisse oder bloß bekannte Details offenbaren wird, was den erheblichen Einreiseaufwand nicht rechtfertigen würde. Insbesondere die von Snowden gegenüber dem Europäischen Parlament und dem Europarat preisgegebenen Details stellten sich als bekannte Inhalte vergangener Enthüllungen heraus. Ein um den Preis der Zeugenvernehmung unbedingt zu gewährendes Aufenthaltsrecht in Deutschland würde sich dann im Risikofall als wirkungslos und vermeidbar erweisen. Angesichts der bestehenden Erkenntnisrisiken einer Zeugenaussage und die wahrscheinliche Notwendigkeit von Mehrfachvernehmungen des Zeugen, kann der Aufwand zugunsten einer umfassenden Aufklärung gering gehalten werden. Ein Warten auf weitere durch Snowden unabhängig von einer Ausschussbefragung angekündigte Enthüllungen würde sich dann als gewinnbringender erweisen.