Am heutigen Dienstag finden in mehr als zehn Staaten Vorwahlen der Republikaner und/oder Demokraten statt. Der Super Tuesday gilt als große Vorentscheidung der U.S.-Vorwahlen. Einige unserer Mitglieder haben kurze Kommentare zu den Kandidaten verfasst. Die Inhalte spiegeln nicht die Meinung der Initiative junger Transatlantiker wieder. Wir verstehen uns vielmehr als Plattform für einen offenen und intensiven Dialog der jungen Generationen auf beiden Seiten des Atlantiks.
Ein zweiter Versuch
(von Joshua B. Streuber) – Als Hillary Clinton 2008 einige Tage nach der verlorenen Vorwahl in Iowa zu einem Bürgergespräch in einem kleinen Café in Fortsmouth, New Hampshire, saß, stellte eine 71 jährige eine Frage die Amerikas Bild von Hillary Clinton veränderte. Der Inhalt der Frage oder der Antwort waren nicht von Bedeutung, es waren die Tränen die in Hillary Clintons Augen standen die das Land bewegten. Bis dahin war sie nicht als emotional, nicht als menschlich wahrgenommen worden. Sie wurde als berechnend und abgehoben verstanden. Dieses Bild der menschlichen Hillary hat sie nun in ihrer Kampagne 2016 umgesetzt.
Hillary Rodham Clinton gilt als die Politikerin mit der größten politischen Erfahrung in diesem Wahlkampf. Als ehemalige First Lady, Senatorin von New York und Außenministerin der USA kann sie auf über 25 Jahre politische Arbeit zurückblicken.
Jedoch nicht alle sehen diesen Lebenslauf als Vorteil, denn so zahlreich wie ihre politischen Ämter waren auch ihre politischen Affären. Angefangen mit den Seitensprüngen ihres Mannes, zu ihrem privaten E-Mail Server über den sie in ihrer Zeit als Außenministerin offizielle E-Mails verschickt hat. Diese Affären stellen die wahrscheinlich größte Gefahr für ihre Kandidatur dar. Ein weiteres Problem stellt die Enge Verknüpfung der Clintons zur Wall Street dar. So verdienten sie und ihr Mann von 2001 an etwa 100 Millionen Dollar mit Vorträgen unter anderem bei der Investmentbank Goldmann Sachs. Auf der anderen Seite ist sie jedoch eine große Unterstützerin des Dodd-Frank Acts, der als Reaktion auf die Finanzkrise von 2007 die Macht der Finanzindustrie beschnitt, und eine Wiederholung dieser verhindern soll.
Auch in ihrem restlichen Wahlprogramm gibt sich Hillary Clinton gewohnt moderat. So möchte sie die amerikanische Wirtschaft ankurbeln durch Investitionen in Infrastruktur, saubere Energien und Forschung. Sie fordert eine stärkere Besteuerung für größere Unternehmen und möchte Steuerschlupflöcher schließen um Steuerminimierung zu verhindern.
Desweiteren möchte sie den Citizens United Beschluss des Supreme Courts von 2009 aufheben. Dieser hat es Groß-Verdienern und Unternehmern erlaubt mit unbegrenzten Mitteln den Wahlkampf von Politikern zu unterstützen, was Korruption Tür und Tor geöffnet hat und die Machtverhältnisse Zugunsten der Wohlhabenden verschoben hat. In diesem Punkt steht Hillary Clinton jedoch selbst in der Kritik, da ihr vorgeworfen wird Spenden in Millionenhöhe von Großspendern angenommen zu haben.
In der Außenpolitik wird sie den Ton gegenüber Putin verstärken und die Intervention in Syrien ausweiten.
Ein für sie sehr wichtiges Thema ist die Ungleichheit in der amerikanischen Gesellschaft. So kämpft sie für Frauenrechte und gegen Rassendiskriminierung. Das Thema Gleichberechtigung ist sehr wichtig im Wahlkampf um das Amt des Präsidenten geworden, da die Stimmen von Afroamerikanern und Latinos mittlerweile als unverzichtbar für einen demokratischen Bewerber gelten. So liefern sich die beiden demokratischen Kandidaten Clinton und Sanders einen Kampf um die Gunst der afroamerikanischen Wählerschicht.
Bernie Sanders ist Hillary Clinton in diesem Wahlkampf insgesamt zur Gefahr geworden. Sie treibt die Angst das sich die Misere von 2008 wiederholt. Damals wie heute galt sie als gesetzte Kandidatin für die amerikanische Präsidentschaftskandidatur. Jedoch war sie sich 2008 ihres Sieges zu sicher und verlor schlussendlich gegen ihren Gegenkandidaten Barack Obama.
Eine treffende Beschreibung von ihr verfasste Carl Bernstein in ihrer Biografie: „Hillary Clinton ist im Geiste konservativ, im Herzen liberal“.
Richtungswechsel mit Sanders?
(von Ann-Kathrin Pohlers) – Im Mai 2015 verkündete der Senator von Vermont, Bernie Sanders, seine Kandidatur. Im Laufe der politischen Debatten und mit seinem Aufruf zu einer politischen Revolution in den USA, konnte er bald vor allem junge Wähler zu seinen Unterstützern zählen. Eine Revolution sei nicht nur möglich, sondern auch notwendig, so Sanders. Der Ursprung der Problematiken im Land seien Ungleichheit, wirtschaftlich sowie politisch.
Der Senator selbst wuchs in eher einfachen Verhältnissen auf, was ihm schon in jungen Jahren ein Bild der Mittel- und Arbeiterklasse vermittelte. Seine Systemkritik richtet sich gegen mangelnde wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit in der Plutarchie USA. Neben der Einführung einer Krankenversicherung für alle, sowie einen Mindestlohn von 15 Dollar, fordert er auch die Abschaffung der teuren Studiengebühren amerikanischer Universitäten. Junge Menschen sollten nicht hochverschuldet in ihr Berufsleben starten und über Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte, ihre Schulden abzahlen müssen.
Sanders Agenda betont, dass diese Veränderungen, die das Land so dringend brauche und das Volk ebenso dringend verlange, nur eintreten könne, wenn sich die Politik aus dem festen Griff der Wall Street und seiner Milliardäre und Multimillionäre befreie. Sanders selbst finanzierte seine Wahlkampagne durch Crowdfunding mit der Unterstützung von über eine Millionen privater Spender um nicht bei den big banks in der Schuld zu stehen.
Amerika leide nicht nur unter einer massiven Ungleichheit von Wohlstand und Einkommen, sondern unter einem politischen System, das diese Ungleichheit schütze, wenn nicht sogar fördere. Amerikas Mittelklasse verschwindet, während der Unterschied zwischen arm und reich so groß ist wie seit dem Gilded Age nicht mehr.
Sanders Richtungswechsel ist auch für die Außenpolitik vorgesehen. Der Senator bevorzugt Diplomatie vor Eingriff. Er spricht von Kriegsmüdigkeit durch die endlosen Konflikte, die der militärisch-industrielle Komplex durch seine Interventionen immer weiter befeuere, die das Land strapazieren, den Ruf im Ausland ruinieren und nicht mehr tun als Gelder zu verschwenden und Macht zu missbrauchen.
Bernie Sanders Aufruf ist eine Forderung für mehr Gerechtgkeit und Gleichheit. Mit seiner demokratisch-sozialistischen Haltung macht er sich für Solidarität stark. Man müsse sich einander zuwenden und nicht voneinander abwenden.
Auch wenn Bernie Sanders Zustimmung erfährt, am Ende könnte er sich selbst im Weg stehen. Der Politiker war nie ein registrierter Demokrat, sondern unabhängig. Als Parteiloser sah er jedoch keine Chance auf einen möglichen Sieg und ließ sich für das demokratische Camp aufstellen. Das ist zwar zulässig, jedoch könnte sein Weg zum Weißen Haus steil werden. Für Sanders geht es darum, die Stimmen einer Partei und deren Anhänger zu gewinnen, die er eigentlich verschmäht. Die Mehrheit der Superdelegierten hat er bereits an Hillary Clinton verloren.
Aus dem Ghetto ins Oval Office
(von Johannes Göpffarth) – Was schon beinahe klingt wie ein Märchen, ist die Geschichte von Ben Carson. Er wuchs in den Ghettos Detroits als schwarzer Unterschichten-Junge auf und galt in der Schule nie als hellster Kopf. Durch viele Besuche der städtischen Bücherei gewann er schließlich doch Interesse daran, mit dem Kopf zu arbeiten, wie er selbst seine wundersame Wandlung deutete. Heute kann er auf eine steile Karriere als Neurochirurg, bei der er einige Operationen von siamesischen Zwillingen durchführte, zurückblicken. Daher vergibt er aufgrund seiner eigenen Lebenserfahrung und seines märchenhaften Bildungsaufstiegs durch einen eigenen Fond Stipendien an Studenten. Genauso wie Bildung in seinem Leben eine zentrale Rolle spielte, so ist diese auch nun ein zentrales Thema in seiner Kampagne. Die Kampagne trägt einen religiösen Anstrich, nicht nur weil seine Standpunkte vor allem Evangelikale begeistern dürften, sondern besonders durch den messianisch wirkenden Dreiklang-Wahlkampfslogan „Heal-Inspire-Revive“ (deutsch: Heilen-Inspirieren-Erneuern). Ben Carson selbst gehört dem konservativen Tea Party Flügel der Republikaner an, die Ihre Wählerschaft vor allem im evangelikalen Klientel haben. Er sammelte bereits politische Erfahrung als Kommentator und Moderator für die genauso konservativen Fox News. Genauso konservativ, wie die Fox News sind, ist auch sein restliches Programm. Er will die „Obamacare“ wieder abschaffen und erregte mediales Aufsehen, als er Homosexualität als persönliche Entscheidung bezeichnete. Obwohl Carson nie ein politisches Mandat bekleidete, sah seine Kandidatur anfangs von Erfolg geprägt aus. Im letzten Jahr war er bei verschiedenen Umfragen noch der führende Kandidat unter den Kandidaten der Republikaner. Mittlerweile ist er allerdings bei den Vorwahlen weit abgeschlagen und musste sich bei den letzten Umfragen mit dem dritten oder vierten Platz zufrieden geben. Aufgeben will er trotzdem nicht. Nach der verlorenen Wahl in Nevada sagte er: „Es ist wie im alten Rom. (…) Aber wenn es brennt, werden wir da sein und es löschen.“
Cruz close to Ronald Reagan?
(von Lukas Posch) – Defending the constitution. Fighting for fundamental rights. Shrinking governmental agencies. Three key issues that each and every conservative politician might regard important. And while they keep on emphasizing the importance of such topics, there is one politician who already dedicated years of both his personal and political life to improving the situation of his country: Senator Ted Cruz.
Mr. Cruz, who was born in 1970 in Canada to an American-born mother and a Cuban-born father, started participating in issues he took a stance towards quickly – it is not surprising that young Ted already started promoting principles of free enterprise and liberty in high school. Soon thereafter, we see Mr. Cruz attending Princeton University where his senior thesis investigated the separation of powers and argued in favor of interpreting the Tenth Amendment to the U.S. Constitution in a sense that calls for the abolition of an ever-growing federal government.
While having attended Princeton University and Harvard Law School, Mr. Cruz engaged in professional debating. Having won top speaker awards and having represented Harvard Law School at world-level debate championships, it might appear as a logical consequence that Mr. Cruz’ victory in the Republican primary for the 2012 senate election was described by the Washington Post as “a true grassroots victory”. Mr. Cruz defeated his opponent thanks to voters who might be assigned to the Tea Party movement.
After his graduation, Mr. Cruz became the first Hispanic to clerk for a Chief Justice of the United States and subsequently served as an associate deputy attorney general in the Department of Justice before being appointed to the office of Solicitor General of Texas. Serving in this position from 2003 to 2008, Cruz has authored 70 U.S. Supreme Court briefs and presented over 40 oral arguments, nine of which before the U.S. Supreme Court. He argued in cases that resulted in the strengthening of the Second Amendment and took stances towards capital punishment and against abortion.
Besides this constitutional right, Mr. Cruz argued in favor of re-intensifying the U.S.-Israel alliance to become a strategic bedrock for the U.S. again. Supporting Israel equals supporting a bulwark for democracy in the Near and Middle East, especially given the fact that up to date it remains unclear whether the results of the Iran negotiations will remain permanently positive. While other Republican candidates call for an intervention in Syria, Mr. Cruz declines any such boots on the ground intervention. The facts support him: There is no evidence for necessity of ground-based firepower and recent interventions have cost a high death toll.
With Mr. Cruz running for office, Americans will once again have the chance to support a candidate who proves that the American dream is still a valid concept and who speaks in favor of the rule of law. Mr. Cruz, guided by the Constitution, its Amendments and religious liberty in combination with responsibility before God, may set marks in politics that might come close to the ones Ronald Reagan set.
Im Schatten der andere Kandidaten – John Kasich
(Robin Arens) – John Kasich wurde 1952 als Sohn europäischer Einwanderer im Bundesstaat Pennsylvania geboren. Nach seinem Politikstudium an der Ohio-State 1974 war er zuerst in Wahlkämpfen des republikanischen Abgeordneten Buz Lukens engagiert. Kasich selbst wurde mit nur 26 Jahren in den Senat von Ohio gewählt, dem er eine Legislaturperiode angehörte. 1982 kandidierte er erfolgreich für das US-Repräsentantenhaus.
Kasich gehörte damit ab 1983 bis zu seinem Ausscheiden 2001 dem Repräsentantenhaus an, wo er ab 1995 Vorsitzender des Haushaltsausschusses war. Nach seinem Rückzug aus der Politik war er CEO des Ohio-Büros des Bankhauses Lehman Brothers.
Nach seiner Karriere in der Privatwirtschaft trat er 2010 als republikanischer Kandidat für das Amt des Governors von Ohio gegen den demokratischen Amtsinhaber Ted Strickland an. Die Wahl konnte Kasich mit etwa 49% zu 46% der Stimmen für sich entscheiden. 2014 wurde er mit 64% zu 33% in seinem Amt bestätigt.
Im Juli 2015 gab er seine Kandidatur für das Amt des US-Präsidenten bekannt. Er gilt als ein starker Kritiker von Donald Trump und hat sich im Vergleich zu den anderen Kandidaten im Rennen um die republikanische Kandidatur einen moderaten Ruf erworben. Aufgrund dessen hat sich die New York Times in einem Artikel stark für Kasich als Kandidaten ausgesprochen. Der Guardin weißt in einem Porträt von Kasich jedoch darauf hin, dass seine Politik als Governor in weiten Teilen gegen diesen Ruf spricht.
Inhaltlich tritt er unter anderem für eine gemäßigte „Pro-Life“-Position ein und würde das Urteil zur gleichgeschlechtlichen Ehe nicht anfechten. Zudem spricht er sich gegen die Aufnhame von syrischen Flüchtlingen aus. Außerdem fordert er eine wieder stärkere militärische Rolle der USA ein.
Bis zum Super Tuesday konnte Kasich bisher 6 Delegierte für den Nominierungsparteitag gewinnen. Nur Ben Carson kommt mit 5 Delegierten auf noch weniger Stimmen. Jedoch errang Kasich in New Hampshire den zweiten Platz, was ihm zwischendurch einiges an Aufmerksamkeit sicherte.
Die aktuellen Umfragen für den Super Tuesday zeigen ihn ausnahmslos auf einem der letzten beiden Plätze. Zieht man Schlüsse aus diesen Umfragen, so lässt sich festhalten, dass Kasich wahrscheinlich weiterhin im Schatten der anderen Kandidaten stehen wird.
Spannend wird nun die Frage, wie der weitere Wahlkampf von Kasich aussehen wird. Aus meiner Sicht gibt es aktuell zwei mögliche Szenarien. Die erste Variante würde darauf hinauslaufen, dass er seine Kandidatur aufgibt und sich auf sein aktuelles politisches Amt fokussiert. Interessant wird dann zu beobachten sein, ob und wenn ja, für welchen Kandidaten er im weiteren Verlauf des Wahlkampfes werben würde.
Die zweite Möglichkeit wäre es, dass Kasich sich zumindest bis zum 15.März im Rennen hält und auf einen Befreiungsschlag bei den Vorwahlen in seinem Heimatstaat hofft. Mit weiteren respektablen Ergebnissen könnte er dann versuchen, sich einer Kampfabstimmung um die republikanische Kandidatur zu stellen und als Kandidat des gemäßigten Flügels anzutreten.
In einem Interview nach der letzten GOP-Debatte gab sich Kasich zumindest im Interview mit CBS kämpferisch und verneinte, dass er nach dem Super Tuesday den Wahlkampf aufgeben würde.
Es wird also spannend bleiben, Kasichs Ergebnisse und die daraus resultierende Strategie von ihm zu verfolgen.
Marco Rubio: Yesterday’s over, ready for tomorrow?
(von Christian Becker) – Als der Kandidat die Bühne betritt, jubelt die Menge ihm zu. Es ist der bisher größte Tag im Leben des jungen Senators, der erst seit wenigen Jahren im US-Kongress sitzt, viel weniger erfahren als viele seiner Konkurrenten. Chancenlos. Sie werden es ihm oft genug vorhalten, doch der junge Mann versprüht Charme und liefert seine Version von Amerika.
Sofort kommt einem jetzt Barack Obama in den Sinn, und sein Anfang 2008 unwahrscheinlicher Aufstieg zum amtierenden Präsidenten der USA. Marco Rubio geht es vermutlich nicht anders, als er im April 2014 seine Bewerbung um den Posten des republikanischen Kandidaten ankündigt – die Parallelen sind einfach nicht zu übersehen. Wie Obama entstammt Rubio weder einer wohlhabenden, einflussreichen Familie, noch gehört er als „Latino“ zu den Klassikern unter den wohlhabenden, weißen Politikern. Doch der rhetorisch begnadete Sohn kubanischer Exilanten – er Barkeeper, sie Zimmermädchen – vertraut wie Obama 2008 auf die Ansteckungskraft seiner politischen Vision. Sie unterscheidet den humorvollen Aufsteiger von erfahrenen und vermögenden Giganten wie Jeb Bush und Hardliner und Tea Party-Liebling Ted Cruz. Rubios persönliche Story ist im Sinne der amerikanischen Verfassung und Staatsphilosophie, und seine Kandidatur gibt der kränkelnden Idee eines „Landes der hart arbeitenden Aufsteiger“ ihre Würde zurück. Als moderater Konservativer schafft es der Senator aus Florida, die Vorstellungen des Establishments in Washington mit den Bedürfnissen der Bevölkerung zu versöhnen. Zwar unerfahren, repräsentiert seine Unverbrauchtheit aber auch den frischen Wind, den sich die berühmte republikanische Basis wünscht, allerdings weniger radikal als seine Konkurrenten Cruz und Milliardär Trump. Seine Jugend täuscht darüber hinaus über Marco Rubios extreme Zielstrebigkeit und einen starkes Selbstbewusstsein hinweg. Denn Rubio ist ambitioniert, ehrgeizig und hat gibt den Amerikanern wieder eine Vision von ihrem Land. Er möchte die aus seiner Sicht gescheiterten Alleingänge des amtierenden Präsidenten in der Innenpolitik rückgängig machen, das US-Militär auf Vordermann bringen, die NATO und die EU-Verbündeten stärker unterstützen in Differenzen mit Russland und China, klare Worte in der Außenpolitik finden. Insgesamt erinnert das alles an die Reagan-Ära und das zwanzigste Jahrhundert, das sogenannte „amerikanische Jahrhundert“. Ein „New American Century“ möchte Marco Rubio jetzt einleiten. Neu, das betont er gerne, ist ihm wichtig, denn das „Yesterday“, das keine andere als Hillary Clinton repräsentiert, ist für ihn vorbei. In seinem Wahlkampf nutzt er das Internet besser als seine Mitbewerber und setzt auf amerikanische Klassiker wie die persönliche bürgerliche Freiheit, patriotischen und religiösen Pathos. Vom Tellerwäscher zum Millionär – das soll wieder möglich sein in den USA.
Rubio kennt als Einwandererkind zudem die Sorgen und Nöte der Migranten, als republikanischer Politiker weiß er aber auch um die Probleme, die Migration mit sich bringen kann. Nicht zuletzt dieses Politikfeld spaltet die konservativen Amerikaner, viele von ihnen denken deshalb darüber nach, Donald Trump zu wählen – oder haben es zum Beispiel in Iowa, South Carolina und Nevada schon getan. Rubio gilt jetzt zurecht als letzte Aussicht der Grand Old Party, Trump zu stoppen. Seine Umfragewerte lassen hoffen, dass es schlussendlich dazu kommen wird. Nicht zuletzt, weil die Republikaner einen Kandidaten präsentieren müssen, der für alle wählbar ist. Da hat Rubio die besten Chancen, sich inner- wie außerparteilich gegen Trump und Clinton durchzusetzen. Mit Humor und politischem Fingerspitzengefühl nimmt er jede Herausforderung Trumps an – davor ziehen sogar seine Gegner den Hut. Clinton wiederum schlägt er mit jugendlichem Witz und prangert ihre Reformunwilligkeit an („A candidate from yesterday with ideas from yesterday“).
Die Wall Street jedenfalls scheint sich entschieden zu haben. Die Mitarbeiter großer Geldhäuser haben ihm bis jetzt etwa vier Millionen Dollar gespendet – mehr als allen anderen Kandidaten zusammen. Auch auf die Hilfe ehemaliger Bush-Unterstützer darf er setzen. Damit hat der junge Mann aus armen Verhältnissen die größte all seiner Hürden genommen und ist zum Symbol des amerikanischen Traumes geworden, auf den er so sehr schwört. Seine Wahl zum Präsidenten wäre Amerikas beste Chance, zu sich selbst zurück zu finden. Dazu gehört auch das traditionell gute transatlantische Verhältnis. Jetzt gilt es, den innerparteilichen Wahlkampf gegen den „inevitable nominee“ Trump und für ein „Neues amerikanisches Jahrhundert“ zu gewinnen. Als „inevitable nominee“ ihrer Partei galt übrigens auch Hillary Clinton, das war 2008. Geschlagen wurde sie damals von einem jungen, unerfahrenen Senator aus Illinois. Hätten Sie’s gedacht?
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You can’t stump the Trump
(von Carmelito Bauer) – Der Mann, der vor kurzem resigniert seinen Platz als potenzieller US-Präsidentschaftskandidat räumte, ist der Sohn des 41. und der Bruder des 43. US-Präsidenten. Seit dem Beginn seiner Kampagne stand der Dritte aus dem Bush-Clan, der es auf den Posten des mächtigsten Mannes der Welt abgesehen hatte, im Zentrum des Trump’schen Fegefeuers. Kaum ein Tag verging, an dem Jeb Bush nicht als Lügner, lahme Ente oder zu devot gebrandmarkt wurde. Und in der Tat: Zurückgeschossen hat der junge Bush selten, er wollte sich im Gegensatz zu seinen Konkurrenten als Staatsmann geben. Doch die Strategie ging nicht auf. „Unterbrich doch auch einmal die Leute“, forderte ihn seine Mutter Barbara auf. „Sie sollte als Präsidentin kandidieren“, kommentierte Donald Trump den Vorfall hämisch.
Im August letzten Jahres, als das Rennen um die republikanische und demokratische Nominierung als Präsidentschaftskandidat begann, sah alles noch ganz anders aus. Bush wurde von einer Welle der Euphorie getragen und galt als Liebling des Establishments. Trump’s Ankündigung hingegen erntete vor allem Hohn und Spott. „Keine Chance“ gab man ihm in den politischen Talkshows, den Zeitungsberichten und den Satiresendungen.
Innerhalb kürzester Zeit sollte sich die Einschätzung der zahlreichen Kommentatoren jedoch in ihr Gegenteil verkehren. Trump’s Aufstieg war schnell und unaufhaltbar. Je kontroverser seine Äußerung, desto größer seine Gewinne in den Umfragen. Und das trotz der zahlreichen Angriffe aus allen politischen Lagern.
Sie unterschätzen Trump‘s mediales Genie. Wie kaum ein zweiter hat er seinen Namen als Marke auf der ganzen Welt etabliert. Er ist ein ikonischer Amerikaner. Deshalb ist es kein Wunder, dass er die Medien mit Leichtigkeit dominiert. Es vergeht kaum eine Stunde, in der nicht über ihn gesprochen wird.
Dass er dabei widersprüchlich ist, spielt keine Rolle. Dass er teilweise groteske politische Forderungen aufstellt, wird ihm vergönnt. Zu stark ist der Reiz, den er als Anti-Politiker auf den einfachen Mann im ländlichen Raum der Vereinigten Staaten ausübt. Aus dieser republikanischen Basis, die sich von den Etablierten übergangen fühlt, kann er mit vollen Händen schöpfen.
Donald Trump’s Politikansatz trifft den Zeitgeist des 21. Jahrhunderts. Geschickt nutzt er die Echtzeitberichterstattung der Medien und die sozialen Medien, um im Gespräch zu bleiben. Die Berichterstattung ist aufgeregt und er bestimmt, worüber berichtet wird. Bis heute lässt er die Bevölkerung über Details seiner Politik im Dunkeln, denn er möchte unvorhersehbar bleiben. Die Einfachheit seiner Sprache, mit der er „Catchphrases“ vorträgt, ist für seine Unterstützer kein Makel sondern ein Trumpf.
Trump reitet eine Welle des rechtspopulistischen Erwachens, die in dieser Form auch in Europa umgeht. Die etablierten Kräfte haben bisher noch keine erfolgreiche Gegenstrategie entwickelt. Jede Darstellung Trump’s als Adolf Hitler, und seiner Unterstützer als dumm, wird ihm nur weiteren Zuwachs bescheren. Die sozialen Medien werden längst von seinen Anhängern beherrscht. Etablierte Kräfte haben es bisher nicht geschafft, geschweige denn versucht, diesen Raum – und die Deutungshoheit – wieder zurückzugewinnen.
„Du wirst nicht mit Beleidigungen zum Präsident“, schleuderte Bush Trump in einer der ersten TV-Debatten entgegen. Heute wird man sagen: Genau das passiert gerade. In South Carolina fuhr Trump eine massive Kampagne gegen die Bush-Familie und George W. Bush. Ausgerechnet der Staat, der Bush einst knapp zu seiner Präsidentschaft verhalf sollte nun jemanden wählen, der diesen örtlichen Liebling auf allen Ebenen beleidigte? Unmöglich schien Trump’s Sieg, der bei der TV-Debatte ausgebuht wurde. Gegen Abend hieß es dann „Trump geht als klarer Gewinner in South Carolina hervor.“ Er ist unaufhaltbar.
Die Inhalte spiegeln nicht die Meinung der Initiative junger Transatlantiker wieder. Wir verstehen uns vielmehr als Plattform für einen offenen und intensiven Dialog der jungen Generationen auf beiden Seiten des Atlantiks.
Aktuelle Informationen zu den U.S.-(Vor-)wahlen findet ihr auch auf blog1600penn.com.