Genau ein Jahr ist vergangen, seit US-Präsident Trump am 20. Januar 2017 vereidigt wurde. Was ein Bekenntnis zu “America first” werden sollte, gipfelte nach genau einem Jahr in einem Government Shutdown – einer Stilllegung großer Teile der Bundesbehörden. Es wirkt auf den ersten Blick erstaunlich, dass die Vereinigten Staaten, deren Wirtschaft aktuell einen beispiellosen Aufschwung erlebt, welcher mittels Steuerreformen eine beträchtliche Mehrheit aller US-Amerikaner profitieren lässt, gleichzeitig durch fehlgeschlagene innenpolitische Verhandlungen am Rande der Unregierbarkeit stehen.
Ein Hintergrund scheint schnell gefunden – so fehlten auf den ersten Blick lediglich zehn Stimmen, um eine Übergangsfinanzierung zur endgültigen Abstimmung zu bringen. Die Überwindung dieser ersten Hürde erfordert die Zustimmung von 60 Senatoren – außer fünf Abweichlern fand die motion to proceed in der Fraktion der Demokraten jedoch keine Zustimmung. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass das erste Jahr der Präsidentschaft Trumps mit dem #SchumerShutdown schließt.
Keine Lösung für DACA in Sicht
Tatsächlich schienen Lösungen in den letzten Tagen wiederholt nahe, doch scheiterten sie an den unterschiedlichen Vorstellungen der Parteien über die Zukunft der „Dreamer“, einer Gruppe illegaler Einwanderer. Dieser etwa 800.000 Personen starken Gruppe junger Migranten gewährte US-Präsident Obama mittels eines Dekrets den zweijährigen, verlängerbaren Schutz vor Abschiebungen gepaart mit dem Zugang zu einer Arbeitserlaubnis. Aufgrund einer bisher nicht erfolgten Abstimmung des Kongresses über diese Maßnahme entschied Präsident Trump sich im September 2017, das Programm zu beenden. Gleichzeitig begann eine sechsmonatige Übergangsphase, die der Legislative genug Zeit geben sollte, endgültig über das Schicksal des Programms zu entscheiden.
Die Verhärtung der Fronten hinsichtlich der Behandlung dieser Personengruppe führte letztlich dazu, dass das Schicksal von DACA, das den „Dreamern“ zugrundeliegende Programm, mit der Frage der Übergangsfinanzierung der US-Regierung und der Bundesbehörden verbunden wurde – mit der Konsequenz, dass zwischen beiden Parteien keine Einigung in Sicht scheint.
Zugleich stellt ein Government Shutdown bei aller Aufmerksamkeit, die medial auf diesen gerichtet wird, keinen Einzelfall dar. Im Vorlauf des letzten Government Shutdown, der im Oktober 2013 für knapp zwei Wochen stattfand, bezeichnete etwa die Fraktionsführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, ihre republikanischen Kollegen als „legislative Brandstifter“.
Von republikanischer Seite ist es zunächst der Präsident selbst, der im ersten Jahr seiner Amtszeit mit rhetorischen Ausfälligkeiten auf sich aufmerksam machte – sichtlich eine Einladung für seine Gegner, seine Unflätigkeit mit möglichen Vorbehalten seitens des Präsidenten gegenüber Einwanderungsbewerbern aus bestimmten Ländern zu verbinden.
Zu seinem Amtsjubiläum hat Präsident Trump nun die Gelegenheit, zu zeigen, wie seine Regierung die Stilllegung derselben handhaben wird. Während das erste Jahr seiner Präsidentschaft unter anderem vom Vorhaben, möglichst viele Entscheidungen seines Vorgängers rückgängig zu machen oder sie dem Kongress zu überlassen, geprägt schien, zeigen die letzten Monate die ersten öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen.
Erste Erfolge, meint die Administration
So bleibt die Ernennung von Justice Neil Gorsuch zum Richter am Supreme Court die einzige personelle Änderung in der US-Justiz auf Bundesebene, die auch in Deutschland auf Aufmerksamkeit stieß. Neben Gorsuch wurden jedoch auf Ebene der Courts of Appeals und der District Courts bereits 22 Richter ernannt, die diesem ideologisch in nichts nachstehen. Ein Erfolg für Trump, der aufgrund der lebenslangen Ernennung dieser Richter eine konservative Bewegung – den Originalismus – nachhaltig fördert.
In anderen Bereichen hatten seine Bemühungen, vergangene Änderungen rückgängig zu machen, keinen Erfolg – so scheiterte jeder Versuch, den Affordable Care Act abzuschaffen. In Anbetracht der für die Republikaner negativen Aussichten für die Midterm Elections bleibt es unwahrscheinlich, dass hier weitergehende Änderungen eintreten als das Ende einzelner Regelungen, die die Versicherungspflicht vieler US-Amerikaner regeln.
Der wohl größte Erfolg, den Präsident Trump für sich zu beanspruchen sucht, ist der wirtschaftliche Boom, in dem sich die Vereinigten Staaten befinden. Tatsächlich übernahm der 45. Präsident ein Konjunkturwachstum, welches in nicht geringem Maße seinem Amtsvorgänger zuzuschreiben ist – mit der Steuerreform unterstützt er jedoch die Bemühungen der Republikaner, die Besteuerung von Unternehmen und Privatpersonen empfindlich zu senken.
Rückzug auf internationaler Ebene?
Woraus sich diese Steuersenkungen finanzieren, bleibt weiter ungeklärt – doch neben einem Rückzug der Bundesregierung aus vielen Bereichen des öffentlichen Lebens wird auch deutlich, dass zahlreichen diplomatischen Bemühungen ein geringerer Stellenwert zugemessen wird. Deutlich wird dies anhand der Einsparungen bei den Vereinten Nationen sowie im Außenministerium.
Bisher scheinen die europäischen Verbündeten von diesen Einsparungen jedoch verschont zu bleiben – neben einer Sicherheitsgarantie, die Präsident Trump unmissverständlich aussprach, umfasst auch die Verteidigungsstrategie der Vereinigten Staaten weiterhin ein Bekenntnis zur European Deterrence Initiative.
Präsident Trump überschlägt sich weiterhin im Hinblick auf seine Beteuerung „America first“. Doch entgegen vieler Befürchtungen scheint „America first“ nicht „America only“ zu heißen – während der Präsident gerade in Deutschland eine beispiellos niedrige Zustimmung erfährt, scheint die Arbeit hinter den Kulissen besser als erwartet zu laufen. Das sollte uns zwar nicht zu hoffen geben, aber auch die Sorge um den Untergang der Vereinigten Staaten als Leuchtfeuer der Demokratie scheint unberechtigt.
Wie hat Eure Sicht auf die Vereinigten Staaten sich seit dem 20. Januar 2017 verändert?
Der obenstehende Text gibt die Meinung des Autoren wieder. Der Autor, Lukas Posch, freut sich über Anmerkungen unter lukas.posch@junge-transatlantiker.de.