Mit der Anweisung, den Ausstieg der Vereinigten Staaten aus dem Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) einzuleiten, leitet der US-Präsident das Ende des Nuklearabkommens mit Iran ein. Tatsächlich deuteten Verlautbarungen der US-Regierung schon seit einigen Wochen darauf hin, dass ein Ausstieg aus dem Abkommen gewünscht war. Zugleich kündigte er in seinem Statement vom 8. Mai 2018 die Wiedereinführung von Sanktionen gegen Iran an.
Vor Einführung des Nuklearabkommens unterhielten die Vertragsstaaten, die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und die Bundesrepublik Deutschland, ein umfassendes Sanktionsregime gegenüber Iran. Damit sollten die mutmaßlichen Bestrebungen der Diktatur, an Kernwaffen zu gelangen, bestraft werden. Im Gegenzug für die Verlangsamung des Nuklearprogramms und die Beschränkung desselben auf friedliche Zwecke wurden große Teile der Sanktionen aufgehoben und dem Land am persischen Golf Zugang zu den Weltmärkten ermöglicht.
Das Raketenprogramm bleibt unverändert aktiv
Das nicht vollständige Beenden des iranischen Nuklearprogramms im Gegenzug für die Lockerung der Sanktionen wurde insbesondere von Republikanern kritisiert. Immer noch ist es Iran möglich, binnen eines Jahres eine Kernwaffe zu erzeugen. Tatsächlich hat sich das Land aber auch der Verlangsamung der Herstellung angereicherten Urans und dem Abbau zahlreicher Zentrifugen verpflichtet. Schenkt man dem Generalsekretär der IAEA Glauben, hatte Iran bis einschließlich März 2018 die Voraussetzungen des Abkommens erfüllt.
Zugleich zeigt das Land jedoch keinen Willen, das Raketenprogramm zu verlangsamen, und führte seit Abschluss des JCPOA mehrere Raketentests durch. Es ist unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen, dass solche Tests das Abkommen verletzen. Sicher ist, dass diese Tests für den US-Präsidenten einen Grund darstellen, aus dem Abkommen auszusteigen. Ein weiterer Grund zur Kritik aus Trumps Sicht ist der Zeitablauf des Abkommens – in einigen Jahren würde Iran die Zahl der Zentrifugen stark erhöhen.
Die Entscheidung, das Abkommen aufzukündigen, wird von vielen Seiten stark kritisiert als Aktion, die die Region destabilisieren würde. In Anbetracht der unbestrittenen Aktivitäten des Regimes in Teheran wäre eine Destabilisation zu großen Teilen diesem zuzurechnen. Zugleich stellt der Alleingang der Vereinigten Staaten vorerst eine Abkehr von der Strategie, im Nahen und Mittleren Osten mit den Staaten der Europäischen Union gemeinsam zu agieren, dar.
Ein „historischer Erfolg der Diplomatie“ ohne Folgewirkung
Die enge Bindung zwischen unseren Staaten aufrechtzuerhalten und zu vertiefen ist Aufgabe unserer Generation und insbesondere die Aufgabe junger, transatlantisch gesinnter Menschen. Vor dem Hintergrund unserer Wertegemeinschaft und Geschichte halte ich es für übertrieben, den US-Amerikanern Schuld am Entgleisen des Abkommens zuzuweisen. Das von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einst als “historischer Erfolg der Diplomatie” bezeichnete Abkommen vermochte Iran letztlich nicht zu einer Beendigung des Raketenprogramms zu bewegen. Auch bildete das JCPOA keine Basis für erfolgreiche Verhandlungen über das Raketenprogramm.
Nur wenige Stunden nach Bekanntgabe der US-amerikanischen Entscheidung ließ der iranische Präsident verlautbaren, die mit dem Abkommen eingeschränkte Urananreicherung wieder zu intensivieren. Dies soll erst nach einigen Wochen geschehen, während welcher auch mit Staaten, die noch dem Abkommen angehören, gesprochen werden soll.
Ungeklärt ist indes, inwieweit bereits an einer Verbesserung des Abkommens gearbeitet worden war. Deutschen Quellen zufolge soll eine solche Verbesserung lediglich am europäischen Widerstand gegen die automatische Wiedereinführung von Sanktionen nach Auslaufen des Abkommens gescheitert sein, falls Iran Maßnahmen ergriffen hätte, die die “breakout time” wieder auf weniger als zwölf Monate beschleunigt hätten.
Die positiven Nebeneffekte blieben aus
Zudem ist unbestritten, dass das Abkommen den Hoffnungen nicht gerecht werden konnte, die mit ihm verbunden waren. Vor knapp zwei Jahren hatte ich selbst den Gedanken geäußert, dass das JCPOA einen ersten Schritt der Détente verkörpern würde, in deren Lauf auch Bürgerrechte gestärkt würden. Stattdessen intensivierte Teheran seine Aktivitäten in der Region und verbat sich jegliche Einmischung in das Raketenprogramm. Auch die Gemütslage vieler iranischer Parlamentarier änderte sich in den letzten Jahren nicht, wie das heutige Verbrennen einer US-Flagge zeigte.
Es bleibt bei einem hohen Einsatz, mit welchem der US-Präsident spielt. Die Forderung, ein dauerhaftes Abkommen zu erreichen, welches Iran dauerhaft von nuklearer Bewaffnung abhält, findet sich nicht allein in den Vereinigten Staaten, sondern auch in der gemeinsamen Äußerung Deutschlands, Frankreichs und des Vereinigten Königreichs. Trumps Strategie, den Druck zu erhöhen, scheint in Nordkorea Früchte zu tragen. Ob diese Strategie auch gegenüber Iran Erfolg haben wird, bleibt fraglich.
Lukas Posch ist Vorsitzender der Initiative junger Transatlantiker e.V. Dieser Artikel spiegelt seine eigene Meinung wider. Die Initiative junger Transatlantiker e.V. setzt sich für eine engere Verbindung zwischen Deutschland, der Europäischen Union, den Vereinigten Staaten und Kanada ein und repräsentiert dabei eine Vielzahl von Meinungen ihrer mehr als 550 Mitglieder auf beiden Seiten des Atlantiks.