Der amerikanische Präsident will in den Weltraum. Zwar sind seine Ambitionen etwas bescheidener als die des ehemaligen Präsidenten des Iran, Mahmud Ahmadinedschad, der 2013 der erste Astronaut in der Geschichte seines Landes werden wollte. Spott über den jüngsten Vorstoß des Weißen Hauses, der militärischen Weltraumnutzung künftig nicht nur eine höhere Priorität beizumessen, sondern gleich eine eigene Teilstreitkraft zu widmen, bleibt nicht aus.
Von Mondlandungen und Flugtaxis
In die Vielzahl der gegen die Space Force gerichteten Stimmen mischen sich antiamerikanische Elemente, die dem deutschen Blick ins Ausland zunehmend unterstellt werden. In einer Umwelt, in dem die Vision vom Flugtaxi belächelt wird und Digitalisierung angesichts ihrer Auswirkungen oftmals bedrohlich empfunden wird, scheint ein neuer Vorstoß ins All schlichtweg undenkbar. Kritik löst unweigerlich auch das Gebaren des US-Präsidenten aus, wie ein Vergleich mit Präsident Kennedy zeigt, dem für sein ehrgeiziges Vorhaben, noch in den 1960ern eine bemannte Mission zum Mond zu schicken, Lob und Begeisterung entgegengebracht wurden.
Tatsächlich stellen die Pläne Trumps und Kennedys ähnliche Undenkbarkeiten ihrer jeweiligen Zeit dar – mit entsprechenden verteidigungs- und machtpolitischen Ambitionen. Knapp fünfzig Jahre nach der ersten Mondlandung befinden sich weit über 8.000 menschgemachte Objekte im All und bilden das Rückgrat vieler Selbstverständlichkeiten des 21. Jahrhunderts: Kommunikation, Navigation, Sicherheit und Umwelt sind nur vier Teile eines größeren Ganzen.
Braucht es eine weitere Teilstreitkraft?
Mit der Bedeutung solcher Infrastruktur muss der Schutz derselben Schritt halten. Kann die Space Force dazu beitragen? Die U.S. Air Force führt und verwaltet bislang den Großteil aller amerikanischen Weltraumoperationen. Gerade in einer Phase des Aufbaus ist nicht ersichtlich, warum ein eigenes Klingelschild der Weltraum-Abteilung der Streitkräfte schnellere Erfolge bringen soll. Entsprechend widerspricht Verteidigungsminister Mattis hier seinem militärisch unerfahrenen Präsidenten. Jede Luftwaffe ist per Definition für die dritte Dimension zuständig, welche alles umfassen kann, was durch die Luft fliegt.
Ein Kampf der verbundenen Waffen im All bleibt mittelfristig unwahrscheinlich. Die vielfach gescholtene deutsche Luftwaffe beschreitet einen guten und zweckmäßigen Weg zur militärischen Nutzbarmachung des Weltraums, indem ein Weltraumlagezentrum geschaffen wird. Zugleich weisen die Vereinigten Staaten mit U.S. Navy, Coast Guard und Marine Corps drei maritime Teilstreitkräfte auf, wenn auch historisch bedingt. Wahrscheinlicher ist vielmehr die Notwendigkeit zur Verbindung von Weltraum und Informationstechnologie. In diese Kerbe sollte auch die Bundeswehr schlagen.
Präsident Trumps Vorstoß hält einige Chancen sowohl für die Nutzung des Weltraums als auch die transatlantische Zusammenarbeit bereit. Von der Space Force mögen wir nie etwas zu sehen bekommen, sie bleibt Schall und Rauch. Dennoch ist der Weltraum ein Zukunftsthema, verbunden mit anderen Zukunftsthemen wie medizinischer Forschung und Digitalisierung. Goldgräber zieht es heute nicht mehr nach Alaska und Kalifornien, sondern hoch hinaus. Trotzdem müssen US-amerikanische Astronauten in Kasachstan umsteigen, wenn sie zu den Sternen fliegen.
Chancen für die transatlantische Zusammenarbeit
Für die zivile Raumfahrt heißt das, dass die unterfinanzierte NASA und die ambitionierte, aber kleine europäische Raumfahrtagentur ESA stärker zusammenarbeiten könnten. Ein ziviler, gemeinsamer und weltraumbezogener dualer Studiengang könnte neben der Raumfahrt auch die Begegnung der transatlantischen Jugend ermöglichen. Die von Präsident Trump avisierte Marsmission bietet einen idealen Anlass, doch auch dem zunehmende Problem des Weltraumschrotts in der Erdumlaufbahn will gemeinsam begegnet werden.
Gerade unter dem Eindruck der chinesischen Ambitionen, gerade weil die NATO einheitlich GPS nutzt und Satellitenbilder mit Verbündeten geteilt werden sollen, ergibt eine verstärkte gemeinsame militärische Vorgehensweise durchaus Sinn – die Verteidigungsminister sollten diese Chance nicht verstreichen lassen. Es ist richtig, sich nicht von Russland und China überholen zu lassen. Aus der Ferne betrachtet aber sieht die Welt immer etwas friedlicher aus, als sie ist – auch darin liegt eine Chance.
Christian Becker ist Mitglied der Initiative junger Transatlantiker e.V. und studiert an der Universität der Bundeswehr in München. Der obenstehende Artikel stellt seine persönliche Meinung dar.